58 Tage Peru

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30 Tage Aufenthaltserlaubnis wurde mir bei Einreise gewaehrt. Habe noch ueberlegt ob ich nach mehr Zeit fragen soll, habe es dann aber sein lasssen, es als Motivator angesehen, nicht zu lange rumzutroedeln. Was ist daraus geworden? 28 Tage galt ich als illegale Einwanderin. Was ist passiert? Ich hab mich treiben lassen…

War tagelang in einem schwimmenden Stall, zusammengequetscht im Anaconda-Boot mit jeder Menge Einheimischer. Huehner, Schildkroeten, Affen und rattenaehnliches Getier mitten unter uns. Habe das Boot an Heilig Abend verlassen koennen, ohne ungebetene Gaeste wie Parasiten, Laeuse oder Floehe mitzunehmen. Was mich wirklich freudig ueberrascht hat. Verbrachte Weihnachten und Silvester 2007 untypisch aber in guter Gesellschaft. War bei einem weiteren Shamanen und habe Ayahuasca probiert. Habe meine Spanier kennengelernt und mit ihnen Karten gespielt wo immer wir waren. Im tiefen Dschungel, in Wuestenlandschaften, auf langen Busfahrten, hoch in den Bergen, am Strand und in grossen grossen Staedten. Um 50cent zu sparen haben wir uns zu viert in Dreibettzimmer gequetscht, sind ewig gelaufen und haben so manche Unannehmlichkeit in Kauf genommen. Ich war an historischen Inkaschauplaetzen wie Machu Picchu und jeder Menge anderer Ruinen. Habe mir ein zweites Mal meine Kamara stehlen lassen und mich nach knapp 2 Monaten zum ersten Mal von meinen Wegbegleitern verabschiedet, in Richtung Bolivien.

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Treiben lassen – Teil 2

Auch diese Nacht regnet es durch. Vereinzelt zeigt sich am naechsten Tag die Sonne, versteckt sich aber immer wieder hinter dunklen Wolken. Und dennoch, trotz des miessen Wetters ist es hier wunderschoen. Die Jungs spazieren in unterschiedliche Richtungen um die Gegend zu erkunden und ich sitze hier auf meinem Felsen und schreibe.

Heute frueh hat sich ein kleiner Wolfshund zu uns gesellt. Artig wacht er ueber unsere Sachen und wartet geduldig auf einen Leckerbissen aus unserem Proviant. Die Lebensmittel koennen wir gut auf einen weiteren Tag strecken und Wasser gibt es reichlich aus dem Gebirgsbaechen. Also bleiben wir noch eine Nacht hier.

Ich koennte mir keinen schoeneren Ort zum Schreiben vorstellen. Immer wieder werde ich gefragt ob ich es bereue den Schritt gewagt zu haben, auf Reisen zu gehen, einen gut bezahlten Job aufzugeben, das Sicherheitsnetz, alles aufzugeben….

was habe ich denn eigentlich noch aufgegeben? Auto und Wohnung? Diese Sachen habe ich schon immer regelmaessig gewechselt. Freundschaften? Nein, die geb ich ja nicht auf. Im Gegenteil, grosse Entfernungen trennen die Spreu vom Weizen. Raeumliche Naehe ist nicht ausschlaggebend um sich nah zu sein. Und das mit dem gut bezahlten Job- hat doch schon einmal geklappt. Es kommt nur darauf an, welchen Preis Du bereit bist zu zahlen.

„Regrets, I´ve had a few; but then again, too few to mention“. Bewusst getroffene Entscheidungen sind nicht zu bereuen, denn zu einem bestimmten Zeitpunkt waren sie doch richtig!!!

Tu das wonach Dir gerade ist. Momentan geniesse ich es mich treiben zu lassen. Dem Strom des Lebens zu folgen, keine Ahnung was mich an der naechsten Biegung erwartet. Mit dem Urvertrauen, alles wird gut.

Am zweiten Morgen zeigt sich die Sonne von ihrer besten Seite. Strahlend blauer Himmel, der sich jedoch bis zum Mittag in duesteres Grau verwandelt. Es schuettet und schuettet und hat kein Ende in Sicht. Wir verkriechen uns in unser Steinzimmerchen und spielen Karten. Ich habe keine Lust bei diesem Regen ins Tal zurueckzumarschieren. Nachdem mich meine Regenjacke so erbaermlich im Stich gelassen hat, waere ich innerhalb 5min komplett durchnaesst. Und ausserdem gefaellt es mir hier ganz gut. Sergio hat nichts gegen eine weitere Nacht einzuwenden. Dann werden wir Benzin fuer den Campingkocher und Proviant fuer einen Tag eben auf einen dritten Tag strecken. Raffa hat Hunger und wagt den Abstieg alleine unter stroemenden Himmelsguessen, durch Baeche die vor Stunden noch Wege waren. Ist vielleicht besser so, denn in den letzten Wochen habe ich von ihm gelernt: a hungry man is a angry man!

Sergio und ich machen uns ueber die letzten Lebensmittel her, spielen Karten solange das Licht es zulaesst und brechen schliesslich zu einer kleinen Nachtwanderung im Mondlicht auf. Keine Menschenseele weit und breit, der Natur mal wieder so nah. Der helle Mond ueber uns, das knacken der Steine unter unseren Fuessen, das leise Plaetschern der Gebirgsbaeche…

Pleotzlich taucht hinter uns, aus dem Nichts ein Mann auf. Er ist uns heimlich gefolgt, hielt uns fuer Diebe. Wir laufen ein Stueckchen gemeinsam, nach 10min schickt er uns zurueck, ab hier sei es zu gefaehrlich, wir sollen zurueck und nach unserem Zelt schaun.

Wir waren so sparsam mit dem Benzin, dass es noch fuer einen Kaffee am Morgen reicht. Mit tollem Wetter machen wir uns auf den Rueckweg. Nach weniger als 2 Stunden erreichen wir die Stelle, an der uns das Sammeltaxi vor drei Tagen entlassen hat. WIr warten auf eine Mitfahrgelegenheit in die Stadt. Wir warten und warten und haben schliesslich keine Lust mehr zu warten und machen uns zu Fuss auf den Weg. Knapp 1h bis zur Stadt, teilen uns Einheimische mit, die wir nach dem Weg fragen. Nach einer weiteren Studne fragen wir erneut – 1Stunde noch. Spaeter die gleiche Antwort- eine Stunde noch… soviel zum Zeitgefuehl der Bergleute. Nach ca. 14km erreichen wir unseren Ausgangspunkt- Huaraz.

Raffa begruesst uns mit einem Kuesschen, ruempft die Nase und meint: „Man, ihr stinkt ganz schoen.“ Nach drei Tagen waschen im eiskalten Gebirgsbach und den selben Klamotten, freuen wir uns auf eine warme Dusche.



Treiben lassen

Waehrend ich diese Zeilen schreibe sitze ich auf einem Felsen auf 3.800m Hoehe umgeben von Bergen, Felsen, Gebirgsbaechen und gruenen Wiesen. In der Ferne sehe ich eine Schweinefamilie grasen, Hirtenhunde ihre Schaefchen zusammentreiben und am Ende des Horizonts ragt ein schneebedeckter Gipfel empor.

Vorgestern haben wir uns spontan fuer eine weitere Bergtour entschieden. Die Vorbereitungen laufen diesesmal nebenher mit weniger Aufmerksamkeit. Ausruestung mieten, Proviant einkaufen und noch schnell ins Internet. Gepackt wird morgen frueh kurz bevor es losgeht.

Dienstag, 15.Januar 2008 7:30Uhr. Es regnet schon die ganze Nacht in Stroemen. Perfektes Wanderwetter ist das ja nicht gerade. Wir warten ob das Wetter besser wird und ueberlegen ob wir die Tour absagen sollen. Wenn wir Glueck haben bekommen wir das Geld fuer die Ausruestung wieder zurueck. Allerdings bleibt uns nicht mehr viel Zeit in Huaraz. Ich sollte am 18. in Lima sein um mein VISA zu verlaengern, die 30 Tage sind um und es ist noch kein Peru-Ende in Sicht. Spaetestens am 17. sollten wir daher also weiterziehen. Sergio liebt die Berge und wuerde ungern auf die Tour verzichten. Ich habe mich auf meiner Reise noch nie am Wetter orientiert, mit meiner Super-Regenjacke kein Problem und die letzte Tour haben wir auch mit Regen gestartet.

Mit einer kleinen Verzoegerung geht es gegen Mittag los. Ca. eine halbe Stunde mit dem Collectivo immer bergauf. An einer Wegbiegung haelt der Fahrer an, fuer uns heisst es jetzt weiter zu Fuss. Puenktlich zu Wanderstart oeffnet der Himmel erneut seine Tore und es schuettet gnadenlos auf uns hinab. Steil bergauf scheint der matschig steinige Weg kein Ende zu nehmen. Das Gewicht des Rucksacks drueckt. Zelt, Isomatte, Schlafsack und Proviant…tierisch schwer. Unterwegs treffen wir einen einheimischen Bergfuehrer auf dem Weg zu seiner Familie. Er lauft einen Teil des Weges mit uns und bietet mir an meinen Rucksack zu tragen. Doch wieder einmal siegt der Stolz. Das Maedchen das aufbricht die Welt zu erobern und nicht einmal ihren eigenen Rucksack tragen kann.

Der Ruecken schmerzt, die Brille ist nass und beschlagen und erschwert die Sicht, die Super-Regenjacke, mein ganzer Stolz, mein teuerstes Ausruestungsutensil scheint die Funktionalitaet aufzugeben. Ich spuere wie mir das kalte Regenwasser an Armen und Ruecken entlangrinnt. Das T-Shirt darunter ist durchnaesst. Nach 2 harten Stunden steil bergauf erreichen wir einen wunderschoenen Patz. Leider keine Huette weit und breit um Feuer zu machen, dafuer ein kleines Steinhaeusschen mit Welblechdach. Ein vorbeiziehender Einheimischer erklaert uns, das Refugium sei geschlossen. Dennoch versuchen wir unser Glueck und finden vier verschlossene Tueren vor, die fuenfte gibt den Weg frei zu einem 3 auf 3m grossen Steinzimmer. Nichts wie raus aus den nassen Klamotten. Ich bin schwer enttaeuscht von meiner Regenjacke.

Auf ein waermendes Feuer muessen wir verzichten, es gibt keine Abzugsmoeglichkeit. Dafuer gibts einen heissen Tee und der Campingkocher gibt auch etwas Waerme ab. In dem Zimmerchen gibt es sogar ein Feldbett und zwei Strohmatrazen. Raffa und ich schlafen hier und Sergio im Zelt. Wir haben vergessen Kerzen einzupacken. Sergio findet auf dem Fussboden zerlaufenen Wachs, Reste einer Kerze aus vergangen Zeiten. Er schmelzt es ein und formt in einem Plastikbecher eine neue Kerze. Als Docht dient ein Streichholz umwickelt mit einem Teil des Plastikbechers. Viel Licht gibt die Kerze zwar nicht her, dafuer ist es romantisch und ziemlich cool eine Kerze aus Abfall hergestellt zu haben. Meine Stirnlampe haben wir auch noch, allerdings wollen wir die Batterien sparen. Also beginnt die Nacht heute einfach etwas frueher, gemuetlich sitzen wir noch ein Weilchen am Feuer des Campingkochers und gehen kurz nach 8Uhr schlafen.

Die drei Spanier *

Silvester steht vor der Tuere, und es ist einfach schoen, die grossen Feiertage in angenehmer Gesellschft zu verbringen. So beschliessen wir noch ein paar Tage gemeinsam weiterzureisen. Aus den paar Tagen werden letztendlich 2 Monate intensiven gemeinsamen Reisen und Lebens, nach zwei Monaten trennen wir uns das erste Mal um uns kurz darauf wieder zu treffen und fuenf Monate spaeter sind wir wieder, zumindest teilweise, vereint.

Wir verbringen ein paar spannende Tage in Iquitos. Suchen einen Shamanen auf und probieren Ayhuasca. Elke zieht weiter nach Brasilien, Tahel ziehts in den Dschungel. Die Jungs und ich fliegen nach Tarapoto und verbringen dort ein ganz anderes Silvester. Vom Norden Perus, vom Dschungel reisen wir gemeinsam Richtung Sueden. An den Strand in Chiclayo, Ruinen in Trujillo, hoch in die Berge nach Huaraz und in die grosse Metropole Lima. Weiter nach Arequipa und schliesslich Cuzco.

Wir haben die gleiche Einstellung, moeglichst billig. So laufen wir mit unseren ueber 20kg schweren Rucksaecken von Pension zu Pension um die billigste Schlafunterkunft ausfindig zu machen.  „Was, die wollen 3Euro, die spinnen ja.“ Und so laufen wir gerne noch eine weitere halbe Stunde, und sind erst dann zufrieden wenn wir nochmal 50cent sparen konnten. Um noch mehr zu sparen, nehmen wir vier uns oft ein Dreibettzimmer. Entweder zwei der Jungs schlafen gemeinsam im Bett oder abwechselnd auf einer extra Matraze auf dem Boden.

Trinkwasser kaufen? Nein, das geht auch billiger. Aus der Leitung mit Wasseraufbereitungstabletten, ist es stark verschmutz wird es zusaetzlich vorher nochmal abgekocht.

Unser letzter gemeinsamer Trip fuehrt uns zu Machu Picchu. Nach einem sehr ruehrenden Abschied, wird mir meine Kamara, mal wieder, geklaut. In Bolivien treffen wir uns wieder um uns einen Monat spaeter endgueltig in unterschiedliche Richtungen zu verabschieden. Vorerst einmal.

Froehliche Weihnachten – auf dem Weg nach Iquitos

24.Dezember 2007. Heiligabend. Gegen 15Uhr erreichen wir Manzán. Mit dem Anaconda-Boot braeuchten wir noch 1 Tag bis Iquitos. Aber Heiligabend hier auf dem Schiff, zusammengequetscht? Nein, nichts wie raus. Vom anderen Ende Manzáns erreicht man Iquitos in ungefaehr einer Stunde. Jaaaaa!!! Ein schoenes Hostel, eine warme Dusche, frische Kleidung und Weihanchten feiern in Iquitos. Was will man mehr.

Die Insel ueberqueren wir in einem Mototaxi – eine Ritschka mit Moped. Wie cool, ich dachte die gibts nur in Asien. Wir stehen ganz vorne an der Anlegestelle, sind nur noch eine Stunde von unserem Ziel entfernt…. aber nicht nur wir wollen an diesem besonderen Abend schnell ankommen. Immer wieder werden wir von den Einheimischen weggedrueckt. Naja, dann warten wir eben auf das naechste Boot. Und wir warten und warten und warten. Kurz vor sieben muessen wir uns eingestehen, dass heute wohl doch kein Boot mehr kommen wird. Also gehts mit dem Mototaxi wieder zurueck nach Manzán, ein kleines Doerfchen mit wenigen hundert Einwohnern, wenn ueberhaupt.

Aber wir haben Glueck, wir finden eine Unterkunft und eine Dusche. Naja, das mit den frischen Klamotten ist so eine Sache. Ehrlich gesagt, haben fast all unsere Sachen, diesen speziellen Geruch des Schiffes angenommen und stinken ungemein. Meine kleine Tasche wurde von irgendeinem Tier angenagt und ist ganz schoen zerfleddert. Egal, wir haben wieder festen Boden unter uns und werden jetzt erst einmal Weihnachten feiern.

Wir finden einen netten Herrn, der uns gerne Geld wechselt und ein nettes Restaurant. Unser Weihnachtsmenu besteht aus Reis, Pommes, ein bisschen Salat und fuer den Rest Huehnchen…und ein eiskaltes Bier! Keine Weihnachtsgans, kein bunt geschmueckter Christbaum- dennoch ein sehr schoener Abend im Kreise guter Gesellschaft.

Danach ziehen wir noch weiter. Sitzen auf Plastik-Gartenstuehlen unter freiem Sternenhimmel und geniessen mit lautstarker Musik ein weiteres Bierchen. Um uns herum herrscht jede Menge Trubel. Kinder spielen auf der Strasse, Feuerwerk und heisse Rythmen. Weihnachten scheint hier kein Familienfest zu sein, eher ein buntes Strassenfest. Ein gut mit Bier gefuellter Peruaner gesellt sich zu uns- und hat es sich zur Aufgabe gemacht mich zum Salsa-Tanzen zu bewegen. Dreimal kann ich ablehnen, dann erbarmt sich Elke und tanzt mit ihm, doch er laesst nicht locker und schliesslich hab auch ich viel Spass mit dem trunken Peruaner Salsa auf der Strasse zu tanzen.

Als wir schon auf dem Heimweg sind, pfeift er die drei Spanier zurueck und gibt ihnen den Auftrag gut auf mich aufzupassen, sollten sie ihren Job nicht ordentlich machen, wird er ihnen nach dem Leben trachten.

Am Morgen des ersten Weihnachtstages, ueberqueren wir den Amazonas in einem bruchreifen winzigen Motorboot, wirklich sicher ob die Ueberquerung gelingt sind einige erst als unser Zielhafen in Blickweite ist. Iquitos! Nach 8 Tagen Anstrengung, Angst, Gestank und Abendteuer erreiche ich mein Ziel. Ein bisschen kann ich erahnen, wie sich Moses gefuehlt hat, als er das gelobte Land erblickte.

Im Anacondadampfer nach Iquitos – Teil 4

Von Stunde zu Stunde wird es voller. Erst habe ich Mitleid mit den armen Huehnern und Schweinen, das ist der reinste Massentiertransport. Bald wird mir klar, wir sind nicht besser dran, Massenmenschentransport. Jedes Mal wenn ich zu meiner Haengematte zurueckkomme, habe ich weniger Platz. Gestern Nacht war es bereits ungemuetlich. Links von mir schliefen zwei Jungs zusammen in einer Haengematte. Entweder ich bekam einen Ellbogen oder einen Fuss ab, was es noch unangenehmer machte, war dass ich genau wusste, das er zuvor durch die Pisse seiner Schwester gelaufen ist. Habe ich mich umgedreht, hatte ich Taels Hintern im Gesicht.

Eben war ich nochmal unten, sie haben nochmal zwei weitere Haengematten zwischen Tael und mich gequetscht. Wir haengen dort wie die Oelsardinen. Mittlerweile sind wir bei ca. 200 Personen, 100 Huehner, 8 Rinder, 60-80 Schweine, diverse Truthaehne, Hunde und rattenaehnliche Tiere. Toiletten und Duschen gibt es jeweils 4, wovon nur die Haelfte funktioniert. Lange Warteschlangen gibt es trotzdem nicht, wegen dem Gestank versucht jeder die sanitaeren Anlagen so gut es geht zu meiden.

Es gibt kaum noch einen freien Platz im gesamten Boot. Waehrend des Tages fluechten wir uns auf ein umgedrehtes Holzboot auf dem Oberdeck. Sich auf dem Schiff zu bewegen bedeutet einen Hindernislauf zu starten. In der Hocke laufend muss man sich unter den Haengematten durchschlaengeln. Diese haengen mittlerweile uebereinander. Wenn Du nur kurz die Augen zumachst, haben sie schon ein zwei Kinder ueber dich gehaengt. Wenn du Glueck hast sind sie schon groesser und treten nur, aber pinkeln dafuer nicht. Dazwischen rennen vereinzelt Huehner umher, die nicht mehr in den Stall gepasst haben.

Nach zwei Tagen ein Lichtblick, ein kurzer Stopp in Santa Clotilde, wir koennen das Boot fuer eine halbe Stunde verlassen. Und dann gehts weiter.

Es hoert nicht auf, immer mehr und mehr Tiere und Menschen steigen zu. Fran und Sergio haben sich mit ihrem Zelt aufs Oberdeck gefluechtet. Fran borgt mir seine Haengematte, die ich ebenfalls auf dem Oberdeck aufspanne. Unten ist es mittlerweile unertraeglich. Aber auch hier oben ist kaum noch Platz, grad eben sind noch 50 Benzinfaesser dazugekommen, zwar sind diese leer, dennoch konkuriert der Benzingeruch heftig mit dem Stallgeruch. Ich hoffe es regnet heute Nacht nicht. Eine Nacht unter freiem Sternenhimmel waere traumhaft, hauptsache nicht in dem Gedraenge. Nicht, dass es bisher einen Tag bzw. eine Nacht ohne Regen gegeben haette…aber ich geb die Hoffnung nicht auf. Natuerlich regnet es in Stroemen und ich muss zurueck in den Sumpf des Gedraenges.

Mitten in der Nacht wache ich auf, ich habe ein beklemmendes Gefuehl in der Brust und bekomme kaum noch Luft. “Hey, das geht echt nicht.” “Nein, nicht?” Da hat jemand noch ein freies Plaetzchen ueber mir erspaeht und ein kleines Kind samt Haengematte so dicht ueber mich gehaengt, dass das Kind auf mir liegt.

Weisst Du, wie eine Anaconda-Schlange toetet? Sie schmiegt sich sanft um Deinen Koerper, immer enger und enger. Wenn Du ausatmest und Dein Brustkorb etwas nachgibt schmiegt sich sich noch enger an Dich. Mit jedem Atemzug ein bisschen mehr. So lange bis sie gnadenlos jeden Rest Leben aus Dir herausgequetscht hat. Und so taufe ich unseren Mississippidampfer “Anaconda-Boot”.

Das Ganze ist echt ne spannende Erfahrung, aber alles andere als angenhem. Es ist echt anstrengend. Essen gibt es hier dreimal am Tag- allerdings wagen wir uns an zwei der drei Mahlzeiten nicht heran. Mit hoher Wahrscheinlichkeit sind die nicht fuer unsre europaeischen Maegen geschaffen. Meine Essensportion gebe ich weiter, dankbar nimmt die sechfache Mutter, meine Reste entgegen um die hungrigen Maeuler ihrer Kinder zu stopfen. Wir ernaehren uns hauptsaechlich von Keksen. Mein absolutes Highlight auf diesem Trip: Fran hat einen Kansiter Trinkwasser im Bordkuehlschrank gekuehlt. Wann immer er diesen rausholt scharren wir uns gierig wie kleine Kinder um ihn. Ein Schluck eiskaltes, frisches Wasser… hmmm… und der Tag ist gerettet.

Nur noch eine Nacht, dann ist es geschafft, sage ich mir am letzten Abend vor Heiligabend. Wenn nichts dazwischen kommt verlassen wir morgen das Boot in Manzán.

 

Im Anacondadampfer nach Iquitos – Teil 3

Ueber die Grenze geht es doch nicht mit einem Militaerboot, sondern in Fernandos 6-Mann-Kajak. Nach ungefaehr einer Stunde erreichen wir Pantoja in Peru. Inklusive Regierungsbeamten leben hier ca. 80 Personen. Auch diesen Beamten muessen wir aus dem Bett klopfen. Er traegt zu seinen Boxershorts immerhin noch ein T-Shirt. Hier gibts den Einreisestempel, und ich bin offiziell in Peru. 30 Tage Visum. Ich ueberlege ob ich mir nicht ein laengeres geben lassen soll, aber vielleicht ist es gar nicht so schlecht, dann troedel ich nicht allzulange rum in Peru. Immerhin sind schon vier der geplanten sechs Monate fuer Suedamerika um, und ich hab noch einige Laender die ich hier gerne sehen moechte.

Das Frachtschiff steht schon bereit. Ein riesiger Blechkasten. Was wir zur Ueberfahrt noch brauchen sind Haengematten und Trinkwasser. Kann man alles guenstig in Pantoja kaufen, erzaehlte Fernando der Gauner. Von wegen guenstig, bis zu zweimal so viel wie normal verlangen die Abzocker. In Pantoja warten bereits vier weitere Rucksacktouristen. Elke, Biologin fuer Hirnforschung aus Deutschland und drei Spanier. Fran, Sergio und Raffael. Noch weiss ich nicht, dass diese Jungs eine wichtige Position auf meiner Reise einnehmen werden. Ich bin gernervt von dem Stress der letzten Nacht, dem bloeden Deutschen und von den ueberteuerten Preisen in Pantoja, so dass ich nur kurz mit ihnen spreche. Mein erster Eindruck: viele Haare.

Der Blechkasten erinnert von weitem an einen Mississippidampfer. Von nahem erkennt man die feinen Unterschiede. Im mittleren Teil wurde auf die Luxuskabinen verzichtet um Platz zu schaffen. Im Prinzip ist der mittlere Teil eine offene Flaeche, wo wir unsere Haengematten aufhaengen koennen. Noch scheinen wir richtig viel Platz zu haben. Zwar nicht sonderlich hygienisch oder sauber, dafuer viel Platz. Und in der Haengematte kann man es sich schon etwas gemuetlich machen. Ich freu mich auf die Haengematte, das habe ich seit Venezuela vermisst. Im unteren Bereich sind Rinder, Schweine, Huehner und jede Menge Kochbananen gelagert. Der Gestank ist enorm. Wir sind in einem schwimmenden Stall. Ich frag mich wie lange es wohl dauert, bis ich mich an den Geruch gewoehnt habe. Doch bei jeder Ueberpruefung, selbst nach Tagen, muss ich feststellen, dass sich mein feines europaeisches Naesschen einfach nicht daran gewoehnen will. Doch viel schlimmer ist das Geschrei der Schweine. Ihr furchteinfloesendes Gejammer laesst erahnen, dass sie ganz genau wissen, dass sie bereits auf dem Weg zur Schlachtbank sind.

Habstuendlich und oefter stoppen wir um neue Passagiere, Schweine, Huehner, Truthaehne und Kochbananen aufzunehmen Selbst in der Nacht herrscht keine Ruhe. Ich liege in meiner Haengematte und beobachte das Treiben. Einen Meter neben mir faengt die Haengematte an zu tropfen. Ein Baby. Doch keiner kuemmert sich darum, der grosse Bruder stapft mit seinen Socken durch die Urinlache. Als das Baby anfaengt zu schreien, wird die Haengematte so fest geschaukelt, dass ich befuerchte, das Kleine traegt einen Hirnschaden davon. Ich dreh mich um, und sehe 2m hinter mir, wie sie auf dem einzigen Tisch an Bord, eine frisch geschlachtete Sau zerlegen. Ich werde sauer, als ich beobachte wie sie alle ihren Muell in den Fluss schmeissen. Unmengen an Plastik. Wir sammeln unseren Muell und entsorgen ihn in dem einzigen Muelleimer an Bord, der kurz darauf auch im Fluss landet.

Im Anacondadampfer nach Iquitos – Teil 2

Donnerstag, 20.Dezember. Kurz nach 6Uhr wird begonnen, das Kanu zu beladen. Jede Menge Menschen und Gepaeck, kaum zu glauben dass wir alle reinpassen sollen. Das Kanu ist ca. 25m lang 3m breit. An beiden Seiten sind Sitzbaenke, in der Mitte wurde eine Reihe Gartenstuehle aufgestellt und dazwischen liegen Kinder. 92 Leute haben sie hier reingequetscht, oje und ich habe mich auf eine entspannte Bootstour gefreut. Bereits nach 3h finde ich es unertraeglich, aber die Fahrt dauert noch midestens dreimal so lange. Nach 5h stoppen wir fuer eine kurze Pause, nach 8h steigen die Ersten aus. Obwohl mittlerweile schon bestimmt 30 Leute ausgestiegen sind, wird es trotzdem nicht leerer. Jeder einzelne Platz ist besetzt. Das zeigt wie sehr wir zusammengequetscht waren. Nach 10h gibt es endlich Platz, so dass die letzten zwei Stunden richtig angenehm sind. Kaum sind wir in Nueva Rocefuerte angekommen werden wir von zwei Einheimischen bequatscht. Wir sollen mit ihnen mitkommen, sie bringen uns zur Migration, schlafen koennen wir bei ihnen im Hostal und morgen bringen sie uns nach Pantoja, wir haetten Glueck, das letzte Boot in diesem Jahr verlaesst Pantoja morgen um kurz nach 8. Ich mag diese aufdringliche Art nicht. Die zwei sind mir suspekt. Lt. Lonley Planet gibt es nur ein Hostal im ganzen Ort. Ich frage den ersten nach den Namen “Nuestra Casa” – unser Haus, den zweiten “Mi Casa” – mein Haus. Bei mir laeuten saemtliche Alarmglocken, die selbe Unterkunft, zwei verschiedene Namen. Ach, das sei doch das Selbe meinen die Beiden. Ich trau den Zwei nicht. Ich frag den Kapitaen ob er die zwei kenne und lasse mir den Weg zur Polizeistation erklaeren, dort muessen wir unsere Ankunft melden. Mit im Boot sass ein Deutscher mit seiner ecuadorianischen Freundin. Zuerst habe ich mich gefreut, zu viert hat man mehr Verhandlungschancen. Aber wie sich herausstellt, ist der Typ ein Vollidiot, der die Vorurteile ueber die Dauerstudenten vorantreibt. Langsam und von der Praxis keine Ahnung. Auf der Polizeistation kennt man das Hostal aus dem Reisefuehrer nicht, Fernando und Nelson die zwei aufdringlichen Typen allerdings scheinen bekannt zu sein. Gemeinsam marschieren wir zur Migration um die Ausreisestempel zu erhalten. Unterwegs stoppen wir an besagtem Hostal um das Gepaeck abszustellen. Das Haus scheint leer zu stehen, die Betten im unteren Stock haben nicht einmal eine Matratze. Notfalls kann man auch in der Migration auf der Bank uebernachten. Dort angekommen platzen wir mitten in das Dorffest rein. Fernando spricht mit dem Beamten, heute sei es jedoch nicht mehr moeglich den Ausreisestempel zu bekommen, denn jetzt wird gefeiert, wir koennen morgen frueh um 5 wieder kommen, dann langt es immer noch zum Boot.

Im Hostal gibt es kein Wasser. Erst heisst es, es liegt am Hauptschalter, der aber fuer uns geoeffnet werden kann. Nachdem wir eingewilligt haben dort zu uebernachten gibt es ploetzlich im ganzen Dorf kein Wasser zwischen 20:30 und 6Uhr frueh. Das bringt uns nicht viel wenn wir um 5 los muessen. Tael tritt in hitzige Preisverhandlungen, dass sei ihr Part, Israelis haetten da mehr Erfahrung mit. Die Jungs wollen 5$ fuer eine Unterkunft ohne Wasser. Nachdem es im ganzen Dorf allen Anschein nach wirklich keine andere Moeglichkeit gibt, sind wir in der schlechteren Position. Als die Diskussion zu heftig wird, unterbreche ich. Wegen 1$ riskier ich keine Auseinandersetzung, nicht mitten in der Nacht, mit Typen denen ich nicht ueber den Weg traue.

In der Nacht verriegle ich die Tuere und stelle den grossen Rucksack davor, so das ich hoere wenn doch jemand von aussen oeffnet. Neben dem Kopfkissen liegen Stirnleuchte und Messer bereit. Vielleicht ein bisschen paranoid, aber man weiss ja nie. Puenktlich um 23Uhr geht das Licht aus, Strom gibt es im Dorf nur von 18-23Uhr. Wieder eine Nacht in der ich nicht viel schlafe. Ich habe das Gefuehl besonders wachsam sein zu muessen. Ein Geraeusch weckt mich auf, ueber mir auf dem Dachboden treibt eine Ratte oder ein Wiesel ihr Unwesen. Das Tier rennt vor meinen Augen an einem Dachbalken, an Taels Bett vorbei auf den Fussboden.

Kurz nach fuenf stehen wir vor der Migration und klopfen den Regierungsbeamten raus. Henry, 26 Jahre alt, scheint lange auf der Feier durchgehalten zu haben. Verschlafen und verkatert oeffnet er die Tuere. Barfuss und nur mit Boxershorts bekleidet.  Noch ist es dunkel in dem verschlafenen Doerfchen, und da es keinen Strom gibt, erhalten wir unsere Ausreisestempel im Schein meiner Stirnleuchte.

Im Anaconda-Dampfer nach Iquitos – Teil 1

Ein Flugticket nach Peru kostet um die 500$. Billiger wirds mit dem Bus. 34h Reisezeit fuer 70$. Im Hostal spricht mich Tael an, ein Maedchen aus Israel, ob wir nicht gemeinsam nach Peru reisen wollen. Sie schlaegt eine andere Route vor, nicht nach Sueden die Panamerika entlang sondern Richtung Osten durch den Amazonasdschungel. Nach einigen Recherchen habe ich wenigstens ein paar Infos, so leicht ist das nicht, denn das ist keine typische Touristenroute. Von Quito aus geht es mit dem Nachtbus nach Coca, ca. 10h Fahrt. Von dort mit dem Kanu auf dem Rio Napo nach Nueva Rocafuerte, ca. 12-15h Fahrt, je nach dem wieviel Waseer der Fluss traegt. In Nueva Rocafuerte werden die Ausreiseformalitaeten geregelt. Von dort ueberquert man den Fluss in einem Militaerboot nach Pantoja. Das ist der eigentliche Grenzuebergang. Von Pantoja geht es weiter immer flussabwaerts den Rio Napo, bis man auf den Rio Amazonas trifft, auf diesem weiter nach Iquitos. Diese Fahrt dauert noch einmal 3-6 Tage. Iquitos ist mit 500.000 Einwohnern die groesste Stadt, die nicht per Strasse erreichbar ist. Das Boot soll sehr einfach sein. Haengematte kann man vor Ort kaufen. Proviant muss man selbst mitbringen. Klingt nach einem neuen Abendteuer.

Am Dienstag, den 18.Dezember geht es los. Morgens nocheinmal schwimmen im Suiss-Hotel, mittags Abschiedsessen mit Patty, von Fernando und Familie habe ich mich bereits am Sonntag verabschiedet. Am Nachmittag treffe ich mich mit Lucia, meinem Engel aus Ecuador, die Dame die mich am ersten Tag aufgenommen hat. Sie bringt mich um 21Uhr zu meinem Nachtbus. Mittlerweile habe ich zu meinem grossen und kleinen Rucksack noch eine zusaetzliche Tasche. Den grossen Rucksack und die Tasche will ich im unteren des Buses verstauen. Ich aergere mich ueber den Busfahrer, der nur den Rucksack annimmt, mein Gemaule dass es viel zu gefaehrlich sei die Tasche mit in den Bus zu nehmen, das letzte Mal wurde ich beklaut, ignoriert er einfach. Mit dem Bus habe ich diesesmal kein Glueck. Er ist propen voll und ich habe den schnarchenden Nebensitzer erwischt. Von schlafen kann nicht die Rede sein, erfolgslos versuche ich die ganze Nacht eine einigermassen ertraegliche Position zu finden. Die Lehne ist unnatuerlich nach hinten geneigt und laesst sich nicht verstellen. Es ist einfach nicht sonderlich bequem. Im Gegensatz zu dem Bus in Venezuela, in dem es eisig kalt war, herrscht hier eine drueckende Hitze. Die extra eingepackte Fleecejacke und den Poncho brauche ich nicht.

Nach endlos langen 12h erreichen wir Coca. Ein Taxi bringt mich zum Hostal Dolphin Azul, in dem Tael bereits auf mich wartet. Die Nacht kostet 3,50$ die im Vorraus kassiert werden. Das ist die billigste aber auch die heruntergekommenste Unterkunft in der ich bisher genaechtigt habe. Eine einfache billige Bleibe fuer die vielen Oelarbeiter hier. Nach ein paar Stunden Schlaf erkunden wir Coca. Viel zu sehen gibt es nicht in dem tropisch schwuelen Oel-Dorf. Das Kanu nach Nueva Rocafuerte faehrt morgen frueh um 7Uhr ab, so bleibt Zeit um die notwendigen Besorgungen zu machen. Tael hat einen Campingkocher, der an eine Benzinflasche angeschlossen wird. Nach langem Suchen finden wir eine Tankstelle um die Flasche zu fuellen. Fuer ca. 10USD kaufen wir Proviant fuer die naechsten Tage: Pasta, Reis, Zwiebeln und Knoblauch- Moskitoabwehr von Innen- ein bisschen Obst, Ketchup und Snacks. Am Abend testen wir den Kocher. Aussen vor dem Fenster unseres Zimmers sitzen wir im Staub und kochen Reis mit Zwiebeln. In Quito habe ich es mir richtig gut gehen lassen, ab hier muss ich meine Ansprueche wieder ordentlich zurueck schrauben.

más Fotitos de Peru (Jan/Feb 2008)

Rafa, Sergio, Anne, Fran

Huaraz, auf dem Weg zur Laguna 69

Pitec

Lima

Arequipa

Ankunft Cuzco, nach einer 10 stuendigen Busfahrt. Die Sitze waren so klein, dass die Beine im Dauerschlaf waren, als zusaetzlichern Bonus hatten wir neben uns eine Peruanerin die stundenlang ihren Magen entleert hat. Der Geruch konkurrierte mit dem der ueberlaufenden Toilette.

Machu Picchu