Auch diese Nacht regnet es durch. Vereinzelt zeigt sich am naechsten Tag die Sonne, versteckt sich aber immer wieder hinter dunklen Wolken. Und dennoch, trotz des miessen Wetters ist es hier wunderschoen. Die Jungs spazieren in unterschiedliche Richtungen um die Gegend zu erkunden und ich sitze hier auf meinem Felsen und schreibe.
Heute frueh hat sich ein kleiner Wolfshund zu uns gesellt. Artig wacht er ueber unsere Sachen und wartet geduldig auf einen Leckerbissen aus unserem Proviant. Die Lebensmittel koennen wir gut auf einen weiteren Tag strecken und Wasser gibt es reichlich aus dem Gebirgsbaechen. Also bleiben wir noch eine Nacht hier.
Ich koennte mir keinen schoeneren Ort zum Schreiben vorstellen. Immer wieder werde ich gefragt ob ich es bereue den Schritt gewagt zu haben, auf Reisen zu gehen, einen gut bezahlten Job aufzugeben, das Sicherheitsnetz, alles aufzugeben….
was habe ich denn eigentlich noch aufgegeben? Auto und Wohnung? Diese Sachen habe ich schon immer regelmaessig gewechselt. Freundschaften? Nein, die geb ich ja nicht auf. Im Gegenteil, grosse Entfernungen trennen die Spreu vom Weizen. Raeumliche Naehe ist nicht ausschlaggebend um sich nah zu sein. Und das mit dem gut bezahlten Job- hat doch schon einmal geklappt. Es kommt nur darauf an, welchen Preis Du bereit bist zu zahlen.
„Regrets, I´ve had a few; but then again, too few to mention“. Bewusst getroffene Entscheidungen sind nicht zu bereuen, denn zu einem bestimmten Zeitpunkt waren sie doch richtig!!!
Tu das wonach Dir gerade ist. Momentan geniesse ich es mich treiben zu lassen. Dem Strom des Lebens zu folgen, keine Ahnung was mich an der naechsten Biegung erwartet. Mit dem Urvertrauen, alles wird gut.
Am zweiten Morgen zeigt sich die Sonne von ihrer besten Seite. Strahlend blauer Himmel, der sich jedoch bis zum Mittag in duesteres Grau verwandelt. Es schuettet und schuettet und hat kein Ende in Sicht. Wir verkriechen uns in unser Steinzimmerchen und spielen Karten. Ich habe keine Lust bei diesem Regen ins Tal zurueckzumarschieren. Nachdem mich meine Regenjacke so erbaermlich im Stich gelassen hat, waere ich innerhalb 5min komplett durchnaesst. Und ausserdem gefaellt es mir hier ganz gut. Sergio hat nichts gegen eine weitere Nacht einzuwenden. Dann werden wir Benzin fuer den Campingkocher und Proviant fuer einen Tag eben auf einen dritten Tag strecken. Raffa hat Hunger und wagt den Abstieg alleine unter stroemenden Himmelsguessen, durch Baeche die vor Stunden noch Wege waren. Ist vielleicht besser so, denn in den letzten Wochen habe ich von ihm gelernt: a hungry man is a angry man!
Sergio und ich machen uns ueber die letzten Lebensmittel her, spielen Karten solange das Licht es zulaesst und brechen schliesslich zu einer kleinen Nachtwanderung im Mondlicht auf. Keine Menschenseele weit und breit, der Natur mal wieder so nah. Der helle Mond ueber uns, das knacken der Steine unter unseren Fuessen, das leise Plaetschern der Gebirgsbaeche…
Pleotzlich taucht hinter uns, aus dem Nichts ein Mann auf. Er ist uns heimlich gefolgt, hielt uns fuer Diebe. Wir laufen ein Stueckchen gemeinsam, nach 10min schickt er uns zurueck, ab hier sei es zu gefaehrlich, wir sollen zurueck und nach unserem Zelt schaun.
Wir waren so sparsam mit dem Benzin, dass es noch fuer einen Kaffee am Morgen reicht. Mit tollem Wetter machen wir uns auf den Rueckweg. Nach weniger als 2 Stunden erreichen wir die Stelle, an der uns das Sammeltaxi vor drei Tagen entlassen hat. WIr warten auf eine Mitfahrgelegenheit in die Stadt. Wir warten und warten und haben schliesslich keine Lust mehr zu warten und machen uns zu Fuss auf den Weg. Knapp 1h bis zur Stadt, teilen uns Einheimische mit, die wir nach dem Weg fragen. Nach einer weiteren Studne fragen wir erneut – 1Stunde noch. Spaeter die gleiche Antwort- eine Stunde noch… soviel zum Zeitgefuehl der Bergleute. Nach ca. 14km erreichen wir unseren Ausgangspunkt- Huaraz.
Raffa begruesst uns mit einem Kuesschen, ruempft die Nase und meint: „Man, ihr stinkt ganz schoen.“ Nach drei Tagen waschen im eiskalten Gebirgsbach und den selben Klamotten, freuen wir uns auf eine warme Dusche.
Mai 18, 2008
Kategorien: 2. Südamerika, 2.3 Peru . . Autor: aensche . Comments: Hinterlasse einen Kommentar