Samaipata, ein kleines Dorf im Herzen Boliviens. Noch vor Anbruch des Morgengrauens stehe ich mit gepacktem Rucksack am Marktplatz und warte mal wieder. Angeblich faehrt von hier um sechs ein Bus in die naechst groessere Stadt Santa Cruz. Waehrend ich warte lerne ich den Hausmeister der oertlichen Schule kennen, der schon frueh morgens den Gehsteig kehrt. Befliessen erklaert er den anderen Fruehaufstehern: „Die Gringita wartet auf den Bus.“ Nachdem kein Bus zu kommen scheint, marschiert er mit mir zur 6 Blocks entfernten Hauptstrasse. Hier warten Combies die losfahren sobald das Auto voll ist. Fuer 25 Bolivias, ca. 2,50Euro erreiche ich nach 3h Santa Cruz. Noch weiss ich nicht, in welche Richtung ich weiterreisen werde. 15h Richtung Osten um meine Kamara in La Paz in Empfang zu nehmen oder zwei Tage in die entgegengesetze Richtung nach Brasilien. Der obligatorische Anruf zur Hauptpost, der letzte Versuch- kein Paeckchen fuer mich. Also auf nach Brasilien.
Um 16:30 faehrt der „Zug des Todes“ an die Grenze nach Quijarro. Keine Ahnung warum der Zug so heisst, ob die Fahrt wirklich so holprig und unangenehm ist kann ich nicht sagen. Ich habe die Nacht zuvor kaum geschlafen und hole das ausgiebig im Zug nach. Nach 17h erreiche ich Quijarro. Kaum steige ich aus dem Zug aus werde ich von einer Horde blutsaugender Moskitos begruesst. Seit dem Orinoco-Delta haben mich die kleinen Biester weitestgehendst in Ruhe gelassen bzw. es hat mir nichts mehr ausgemacht, denn schlimmer als im Delta zur Regenzeit ist selten. Aber diese hier sind ganz wild auf Frischblut. Und wieder einmal denke ich: Wie gut, dass mein Doc auf so viele Impfungen bestanden hat.
Mit dem Taxi zur Grenze, Formulare ausfuellen, Geld wechseln und zu Fuss weiter auf brasilianischen Boden. Ueberteuertes Taxi oder mit den oeffentlichen Verkehrsmitteln einmal umsteigen? Klar, ich warte auf den Bus. Die Einreisemigration befindet sich im Terminal. Dort stehe ich vor verschlossenen Tueren, Mittagspause, doch nach zwei Stunden erhalte ich meinen Stempel und bin offiziel in Brasilien. Die Wartezeit nutze ich um dem Geruch des Reisens zu entfernen, wie praktisch, dass es im Terminal eine Duschgelegenheit gibt. Merken fuer die Zukunft: Handgepaeck erweitern. Zu Trinkwasser und Toilettenpapier kommt kuenftig auch ein Handtuch!
Weiter gehts nach Campo Grande, nochmal 6h Busfahrt. Eigentlich wollte ich dort eine Nacht Pause einlegen, aber extra fuer ein Hostal zahlen, wo ich doch gerade nur vorwaertskommen mag? Ne, ich spar mir das Geld und fahr von Campo Grande direkt weiter nach Londrina, weitere 10h.
Im Bus lerne ich eine Portugiesin kennen. Am ersten Stopp trinken wir zusammen eine Kaffee und unterhalten uns eine halbe Stunde. Wir fuehren tatsaechlich eine Konservation, wobei ich kein Wort portugiesisch spreche und sie weder englisch noch spanisch. Meine erste Erfahrung mit den Brasilianern, die interessiert es nicht wenn Du sagst, Du sprichst ihre Sprache nicht, sie nehmen es zur Kenntnis und plaudern munter weiter. Als Exot bin ich im Bus von drei Einheimischen umgeben, die mir was erzaehlen und von einem Taubstummen, dessen Freund mir die Zeichensprache in portugiesischen Worten wiedergibt.
Die naechste Herausforderung ist vom Busterminal zu meiner Unterkunft zu kommen. Nachdem ich mehr oder weniger spontan aufgebrochen bin, habe ich keine Abholung vom Terminal organisieren koennen. MIt der Adresse in der Hand marschiere ich zum Taxistand. Der erste hat keine Ahnung wo das ist. Der Zweite, weiss Bescheid. Nach 100m, noch im Gelaende des Terminals halten wir, er fragt seine Kollegen nach dem Weg. Das Taxometer laeuft waehrend ca. 5 Herren Karten sichten, telefonieren und disskutieren in welcher Richtung mein Zielort liegen koennte. Auf spanisch und mit Zeichensprache gebe ich dem Taxifahrer zu verstehen, dass er das Taxometer ausschalten soll, ich zahl nicht fuer seine Recherchen, denn schliesslich hab ich ja zuvor gefragt ob er die Adresse kenne. Das sei schon ok, seien schliesslich nur ein paar Reales. Das kann ich ja leiden wie Bauchweh, wenn mich einer ausnehmen will und mir erklaert, das sei schon ok. Ich steige aus. Er will den Betrag von mir, den das Taxometer anzeigt. Ich schulter meinen Rucksack und gehe, ohne zu zahlen, was er mir hinterruft verstehe ich gluecklicherweise nicht.
So, da stehe ich nun, bin stolz, dass ich mich nicht hab abzocken lassen, weiss allerdings immer noch nicht wie ich zu meiner Farm komme und zu einem der anderen Taxifahrer kann ich jetzt auch schlecht gehen.
Die nette Dame von der Information, erklaert mir wo ich Telefonkarten kaufen kann und wie die brasilianischen Telefone funktionieren, doch die Farm ist nicht zu erreichen. Nach vielen ergebnislosen Versuchen, marschiert sie mit mir zum Taxistand. Wieder kein Glueck. Adresse unbekannt. Sie hat noch eine Idee: die Motortaxis. Statt Autos Motorraeder. Sie liefert mich ab und ich steh vier Portugiesen gegenueber zwischen uns die Sprachbarriere. Obwohl wir uns absolut nicht verstehen haben wir viel Spass. Einer wird losgeschickt eine Flasche Fanta zu kaufen, die wir gemeinsam trinken, als seien wir alte Freunde. Aber so wirklich hilft mir das auch nicht weiter, ich bedanke mich lachend und will weiterziehen. Nein, nicht gehen, wir warten auf einen weiteren Mitarbeiter, der spricht englisch. Das haben sie zwar auch schon ueber die Zwei vorherigen gesagt, aber nun gut, warten bin ich ja mittlerweile gewohnt.
Und tatsaechlich Edgi, spricht englisch. Sein Chef weiss wo die Strasse ist, zu der ich muss. Das Warten hat sich gelohnt. Mit dem Gepaeck auf dem Motorrad ist es ein bisschen kompliziert. Daher schultert der Chef meinen Rucksack und ich fahr mit Edgi hinterher. Mit dem Motorrad durch die Stadt und die angrenzenden Felder bis zu meiner Farm, meiner Unterkunft fuer die naechsten Tage.